Jesus, der Lehrer? Eine pädagogische Sicht auf gemeinschaftliches Lernen im Neuen Testament

Autor/innen

  • Wilhelm Schwendemann

DOI:

https://doi.org/10.25786/cjbk.v0i03.599

Abstract

1 Einleitung und Fragestellung
Ist Jesus als Lehrender in den frühen christlichen
Gemeinden verstanden worden und wie wurde
überhaupt gelernt? Der folgende Aufsatz versucht
auf beide Fragen eine pädagogische Antwort
aus christlicher Sicht und fokussiert nicht
neutestamentliche Fachexegese, sondern nähert
sich der neutestamentlichen Überlieferung in religionspädagogischer
Absicht.
Grundsätzlich existieren hier aber zwei begriffliche
Unschärfen: Einmal ist nicht ganz klar, welcher
Art dieses Lernen ist, ob es zum Beispiel als
religiöses Lernen qualifiziert ist, und zum anderen,
was hier gemeinschaftlich bedeutet; auch der mit -
schwingende Begriff der Katechese ist in einem
religionspädagogischen Zusammenhang gebrochen,
da es hier zwischen evangelischer und römischkatholischer
Religionspädagogik Unterschiede gibt.
Die theoretische und auch praktische Einführung
in christliches Leben unterscheidet sich in beiden
Konfessionen und hat auch andere Orte innerhalb
eines Lebensphasenmodells; auch wären direktive
Formen der Vermittlung von subjekt- und kommunikationsorientierten
Formen zu unterscheiden,
was jedoch nicht hier geleistet werden kann. Für
den Bereich der katholischen Religionspädagogik
wären zwei neuere Veröffentlichungen zu nennen,
die Katechese unter den Bedingungen der Moderne
und Postmoderne diskutieren.2 Der entscheidende
Begriff stellt im Folgenden jedoch der des
»gemeinschaftlichen Lernens« dar.
In der allgemeinen Pädagogik versteht man
unter Lernen »die innere Organisation von Wissen
und Fertigkeiten, die sich das Individuum in
Interaktion mit seiner Umwelt aneignet, um handlungs-
und leistungsfähiger zu werden.« 3
Wenn wir diese allgemeine Definition um
eine sozialwissenschaftliche Perspektive erweitern,
dann lassen sich in einem Lernprozess drei
Teile unterscheiden: Aneignung des neuen Wissens,
Umwandlung des Wissens und Bewertung
des Wissens.4
Zum Lernen gehört das Lehren: »Lehren ist
spezifischer auf institutionelle Zusammenhänge
bezogen. Im Zusammenhang mit Lehren ist meist
eine spezifische Form von Lernen gemeint, nämlich
als Resultat eines intentionalen Vorganges.
Dabei sind mindestens zwei Personen in unterschiedlichen
Rollen beteiligt: Jemand handelt in
einer bestimmten Weise mit dem Ziel des Zuwachses
an Wissen oder Können eines anderen
Menschen.«5 In dieser dynamischen Sicht von
Lernen verbirgt sich eine moderne Theorie des
Subjekts, die davon ausgeht, dass Lernen als ein
eigenständiger Verarbeitungsprozess des lernenden
Subjekts charakterisiert werden kann.

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Veröffentlicht

2021-01-23