Rezension zu: Lersch, Markus; Scheule, Rupert M. (Hg.) (2017): Tora und Evangelium Grenzgänge zwischen Altem und Neuem Testament. Festschrift für Klaus Dorn. Fuldaer Hochschulschriften 59. Echter Verlag, Würzburg, 415 Seiten.
DOI:
https://doi.org/10.25786/cjbk.v0i03.618Abstract
Das Buch fasst Beiträge aus alt- und neutestamentlicher
Exegese, Systematischer Theologie, Christlicher
Sozialwissenschaft, Spiritualitätstheologie und Religionspädagogik
als Festgabe für Klaus Dorn zusammen,
der 35 Jahre als Dozent des Kath.-Theol. Seminars der
Universität Marburg lehrte. Die engagierten Aufsätze
führen direkt in das Spannungsfeld Torah und Evangelium
bzw. in die multiperspektivischen Zugänge zu Judentum
und Christentum ein.
Bedenkenswert der Eröffnungsaufsatz von Bernd
Willmes (S. 17– 60), der das Nachdenken über Gottes
Barmherzigkeit in beiden Bibelteilen fokussiert und
durchaus die Abgründigkeiten und Ambivalenzen dieser
Prädikation zu würdigen weiß, weil sich der biblische
Gott in seiner Souveränität menschlichen Zuschreibungen
und Festlegungen entzieht.
Ethische und Gewissensentscheidungen innerhalb
einer gesamtbiblischen Rezeptionstheologie stellen Gerhard
Stanke (S. 61– 86) und Cornelius Roth (S. 87–
111) in ihren Aufsätzen vor. Stanke resümiert: »Im
Alten Testament finden sich neben der Solidarhaftung
auch Aussagen, die die persönliche Verantwortung betonen
… Der Mensch kann in seinem Herzen den Willen
Gottes erkennen, wenn er das Wort Gottes me ditiert
und auf diese Weise versucht, das Wort zu verinnerlichen.
Dadurch bilden sich auch die sittlichen Überzeugungen,
die dann im Entscheiden und Handeln wirksam
werden.« (S. 82)
Unter der Abschnittsüberschrift Grenzgänge diskutiert
Markus Tomberg die poetische Wunderkonzeption
am Beispiel von Ps 72,18 (S. 115 –139) und plädiert
für eine religionspädagogisch achtsame Rezeption
der biblischen Wundergeschichten unter schöpfungstheologischen
Gesichtspunkten (S. 131): »So kann sie
sich selbst als Grenzreflexion entwerfen, die die Grundannahmen
von Wirklichkeitsverständnissen kritisch
hinterfragt und dialogisch rekonfiguriert.« (S. 132)
Patrick Becker (S. 141–169) erörtert einen zeitgemäßen
Umgang mit biblischen Schriften auf dem Hintergrund
lebensrelevanter oder lebenspraktischer Fragen
(S. 141) und nimmt auch den sog. »Traditionsabbruch
« in den jüngeren Generationen kritisch in den
Blick. Die Bibel bietet durchaus Sinnperspektiven an
(S. 165), die in die Sinn- und Existenzfragen heutiger
Menschen hineinragen: »Diese Effekte treten ein, weil
die Bibel ein Gesprächsangebot darstellt, das den Einzelnen
in seiner oder ihrer individuellen Lebenserfahrung
und -situation anspricht, indem sie eine Vielfalt von Geschichten
und Interpretationen beinhaltet.« (S. 166)
In eine ähnliche Richtung geht Dominik Ritter (S.
151–212), der nach den Relevanzstrukturen fragt.
Vom Paradies zur Ewigkeit ist der Aufsatz von Peter
Schallenberg betitelt, der eine Reflexion der Bedingungen
römisch-kath. Moraltheologie vorstellt (S. 213 – 241).
Bedeutungsvoll ist der Aufsatz von Markus Lersch:
Der Bücher des Alten Testaments Ende, der eine kritische
Sicht zur gegenwärtigen Paulus-Rezeption und
Hermeneutik bietet (S. 243 – 265), nicht zuletzt zu dem
neuen Markionismus, wie er in der Diskussion um die
Thesen von Notger Slenczka aufgetreten ist. Insgesamt
geht es um die grundlegende Bedeutung der paulinischen
Begriffe dikaiosyné – pístis – nómos (S. 257).