Rezension zu: Kuschel, Karl-Josef (2015): Martin Buber – seine Herausforderung an das Christentum Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, 361 Seiten.

Autor/innen

  • Dietrich Heyde

DOI:

https://doi.org/10.25786/cjbk.v0i03.619

Abstract

Warum sich heute, 50 Jahre nach seinem Tod, an
Martin Buber erinnern? fragt Karl-Josef Kuschel und
nennt in einem Prolog »gute Gründe«, aus denen die
Bedeutung des jüdischen Philosophen und Theologen
für uns heute hervorgeht. Schon hier wird deutlich,
wie herausfordernd Bubers Denken und Glauben für
Christen und Juden gleichermaßen ist und es lohnend
ist, sich auf ihn einzulassen. Bubers komplexe Gedankenwelt
einer breiteren Leserschaft bekannt zu machen,
lag für Kuschel nahe, nachdem er Band 9 Schriften zum Christentum der Martin Buber Werkausgabe
herausgegeben, eingeleitet und kommentiert
hatte. Das Thema des Verhältnisses von Christentum
und Judentum aber hat den bis 2013 an der katholischen
Fakultät der Tübinger Universität »Theologie der
Kultur und des interreligiösen Dialogs« lehrenden Theologen
und Autor zahlreicher Bücher schon seit Tübinger
Studienzeiten beschäftigt. Das Buch hat also seinen
Ort in der Geschichte seiner Arbeit für ein »wechselseitig
besseres Verstehen der Religionen«. In zwölf Kapiteln
beschreibt Kuschel den Weg Bubers »von der
Konfrontation zum Dialog, vom Monolog zur Zwiesprache,
von der Entfremdung zur Partnerschaft von
Juden und Christen« und stellt Buber überzeugend als
»einen der großen Brückenbauer des interreligiösen
Gesprächs« heraus.
Kuschel beginnt biografisch unter der Überschrift
Von Vergegnung und Fremdandacht mit Bubers Kindheit
und Jugend und skizziert den Lebenskontext eines
jüdischen Kindes in einer von Antisemitismus und antijüdischem
Vorurteil bestimmten Zeit. Skizzen dieser
Art und Exkurse durchziehen die Kapitel. Als Schlaglichter
und Zeitsignale sind sie höchst informativ und
verdeutlichen anschaulich, in welchem zeitgeschichtlichen
Klima Bubers Schriften entstanden sind und welche
Faktoren und Personen, welche Weggefährten und
Gegner sein Denken und Leben beeinflusst haben.
Dass Buber ein Unangepasster war, der in kein Schema
passt, erläutert Kuschel zunächst am politischen
Buber in dem Kapitel: Wider die Assimilation: Zionismus
als Selbstbefreiung. Buber rief die Vertreter eines
politischen Zionismus, die »Zion« möglichst rasch als
Nationalstaat verwirklichen wollten, ermahnend auf,
dass es »nicht ohne bemischpat, nicht ohne Gerechtigkeit
gegenüber jedermann geschehen darf, vor allem
nicht den Menschen gegenüber, die schon im Lande
Palästina leben«. Kuschel gelingt es, inmitten der Fülle
des Materials immer wieder Bubers Kernanliegen herauszuarbeiten
und in seiner Aktualität für uns heute
facettenreich auf den Punkt zu bringen.

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Veröffentlicht

2021-01-23