Rezension zu: Tück, Jan-Heiner (2016): Gottes Augapfel Bruchstücke zu einer Theologie nach Auschwitz Verlag Herder, Freiburg, 396 Seiten.
DOI:
https://doi.org/10.25786/cjbk.v0i01-02.652Abstract
In den Beiträgen dieses Bandes trifft zweierlei zusammen:
Ein nach wie vor ausgesprochen heikles
Thema und ein kluger und kompetenter systematischer
Theologe, überdies noch mit literarischer Sensibilität begabt.
Der 1967 am Niederrhein geborene Wiener Dogmatiker
Jan-Heiner Tück hat gesammelte Aufsätze zum
Stichwort »Auschwitz« vorgelegt, die in einer für seine
Zunft erfreulich zugänglichen Diktion und gleichzeitig
mit erkennbarer Leidenschaft für die jüdisch-christliche Sache Schneisen in das schwierige Gelände schlagen.
Das gilt schon für den einleitenden Beitrag, der theologische
Anmerkungen zur Singularität der Schoah enthält
und in die Feststellung mündet, der Zivilisationsbruch
Auschwitz verlange einen »entschiedenen Bruch
mit antijudaistischen Theologietraditionen und eine beständige
Gewissenserforschung der Christen« (S. 52).
Drei Beiträge gelten dem lyrischen Werk von Paul
Celan (mit ihm hat sich Tück schon in seinen theologischen
Anfangsjahren in einem lesenswerten kleinen
Buch befasst), von Hilde Domin und Rose Ausländer,
alles drei Jüdinnen bzw. Juden, die dem Holocaust entgangen
sind und deren Gedichte gleichzeitig zutiefst
von diesem katastrophalen Einschnitt geprägt sind. Bei
seiner Auseinandersetzung mit Celans Gedicht Tenebrae
warnt Tück mit Recht davor, das Gedicht eines jüdischen
Dichters, der im Pariser Exil in der Sprache der
Mörder seiner Mutter geschrieben habe, »einfach als
Absprungrampe für theologische Überlegungen zu verwenden
« (S.74). Bei Rose Ausländer konstatiert er eine
»letzte Ungewissheit, die zwischen Zweifel und Hoffnung
hin und her changiert« (S. 121).
Um »harte« Theologie geht es dann in Aufsätzen
über den Gottesbegriff im Blick auf Auschwitz einerseits
und über das Problem des Täter-Opfer-Verhältnisses beziehungsweise
die Frage einer eschatologischen Versöhnung
andererseits.