Studienreisen zu den Wurzeln des christlichen Glaubens

Autor/innen

  • Gertrud Rapp

DOI:

https://doi.org/10.25786/cjbk.v0i01.511

Abstract

Es gehört zu den provozierenden Tatsachen
des christlichen Ursprungs, dass Jesus als Jude
einer anderen Religion angehörte als die, die sich
auf ihn berufen. Das berühmte Diktum von Schalom
Ben-Chorin lautet: »Der Glaube Jesu eint
uns, der Glaube an Jesus trennt uns.« Es hat den
Anschein, dass sich Christen bis heute viel zu
wenig bewusst sind, dass das Judentum die Wurzel
ihres Glaubens ist, wie es im Römerbrief
(11,16ff.) heißt.
Oft war ich mit Gruppen im Institut für Interreligiöse
Beziehungen in Jerusalem, das für die
friedliche Koexistenz zwischen Juden und christlichen
Glaubensgemeinschaften in Israel und im
Ausland arbeitet. Teilnehmende der Reisen waren
Christinnen und Christen, denen ihr Glaube viel
bedeutet und die mehr über die Wurzeln ihres
Glaubens erfahren wollten. Durch Diskussionen
mit Rabbinern und auch mit Rabbinerinnen aus
Liberalen Gemeinden wurde den Christinnen und
Christen bewusst, wie wichtig es ist, biblische
Texte in ihrem gesamten Erzählzusammenhang
wahrzunehmen und auch in ihrem geschichtlichen
Kontext zu lesen, weil sie aus einer bestimmten
Perspektive geschrieben sind.
In der Bibel als Lebensbuch finden sich Glaubenserfahrungen
aus unterschiedlichster Zeit. Wer
die Bibel nur aus den Sonntagsgottesdiensten
kennt, wird immer nur einzelne Verse hören.
Das wichtigste Anliegen der Kooperation mit
Menschen jüdischen Glaubens besteht im Sich-
Kennenlernen und Austauschen, in den menschlichen
Begegnungen, denn dann kann Verständnis
und Vertrauen wachsen. Das Motto der Bildungsreisen
ist:
Unkenntnis abbauen hilft Hass abbauen!
Während der Reisen wurde deutlich, dass es
gilt, trotz all dem Trennenden, das wir sehen müssen,
das Gemeinsame nicht aus den Augen zu verlieren,
das Juden und Christen verbindet:
– Juden und Christen berufen sich auf die Bibel.
Auch wenn sie für beide nicht gleich aussieht,
ist das Erste Testament als Grundlage des Glaubens
doch das wichtigste Bindeglied zwischen
Juden und Christen; es ist die Bibel Jesu und
der ersten christlichen Gemeinden.
– Juden und Christen haben die gleichen Propheten.
– Juden und Christen glauben, dass der Messias
aus dem Hause David stammt.
Die nachfolgenden Inhalte sind zentrale Erkenntnisse,
die im Kontext der Bildungsreisen zur Sprache
kommen:
Das Judesein Jesu
Jesus war Jude und hat als Jude gelebt. Wer
sich dessen bewusst ist, wird sich auch folgender
Ecksteine des christlichen Glaubens innewerden:
– Jesu Mutter Maria war Jüdin, seine ganze Familie
war jüdisch.
– Die Evangelien bezeugen die jüdische Umwelt,
Denk- und Lebensweise Jesu.
– Alle Jünger, auch Paulus, waren Juden.
– Jesus war vertraut mit der Heiligen Schrift
(Hebräischen Bibel), verwies immer wieder
auf sie und lehrte in den Synagogen.
– Der Gott Jesu Christi ist der Gott der Juden.
Wenn Jesus zum Vater betete, betete er zu
dem einen und einzigen Gott, den Israel bezeugt
(Dtn 6,4: »Höre Israel! Der Herr, unser
Gott, der Herr ist einzig«).

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Veröffentlicht

2021-01-22

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