Rezension zu: Walter Homolka; Magnus Striet (2019): Christologie auf dem Prüfstand Jesus der Jude – Christus der Erlöser, Freiburg, Herder Verlag, 144 Seiten.
DOI:
https://doi.org/10.25786/cjbk.v0i01.523Abstract
Walter Homolka, Rabbiner, Professor und Rektor
des Abraham Geiger Kollegs an der Universität Potsdam,
und Magnus Striet, Professor für katholische Theologie
an der Universität Freiburg i. Brsg., haben ein wichtiges
und anregendes Buch über den Juden Jesus geschrieben,
der für die Christ_innen aber Christus der Erlöser
bedeutet.
Homolka stellt in seinem Beitrag Jesus aus jüdischer
Sicht dar; er rekonstruiert den Verlauf der jüdischen
Geschichte im 1. Jh. n. Chr. Jesus wurde jedoch,
spätestens als das Christentum Staatsreligion wurde,
zum Herrschafts- und Machtsymbol der christlichen
Unterdrückung (S. 13). Vor der Aufklärung war in Folge
das jüdische Jesusbild negativ besetzt. Im ausgehenden
19. Jh. nahm jedoch das Interesse an Jesus zu, und
parallel zur christlichen Leben-Jesu-Forschung entstand
auf jüdischer Seite die Suche nach dem historischen
Jesus als Ausdruck gleichberechtigter Teilhabe am akademischen
Diskurs (S. 19). Die Essentials zu Jesus aus
jüdischer Sicht sind: Jesus war Jude und lebte im zeitgenössischen
Judentum seine Religion; das Christentum
ist aus dem Judentum hervorgegangen, und Jesus
von Nazareth war nicht der in der hebräischen Bibel
verheißene Messias (S. 15). Gleichwohl diente die jüdische Leben-Jesu-Forschung auch als Mittel jüdischer
Emanzipation und Selbstbehauptung (S. 16). Die Akzeptanz
des Juden Jesus innerhalb des neuzeitlichen
Judentums veränderte aber auch die jüdische Identität
(S. 18). Trotzdem scheiden sich, so Homolka, am Juden
Jesus die jüdischen und christlichen Geister (S. 21), und
der christliche Absolutheitsanspruch müsse um des Dialogs
willen relativiert werden (S. 24). Kritisch würde
die Sicht auf Jesus dann, wenn der historische Jesus
vom kerygmatischen Christus getrennt werde, denn die
Konzentration auf den kerygmatischen Christus führe
zur Exklusion des Judentums – Homolkas Forderung:
Die dogmatische Sicht auf Jesus Christus dürfe sich
nicht von der historischen Perspektive lösen (S. 28). In
Frage steht dann eine absolut gesetzte religiöse »universale
Wahrheit« (S. 32). Aber auch die historische Perspektive
muss die pluralistischen Verhältnisse zurzeit
Jesu in Israel aushalten und würdigen – selbst die jüdische
Bevölkerung war zu dieser Zeit hochgradig diversifiziert
(S. 32). Homolka unterstützt die Bemühungen
christlicher Theologen, das christliche Verständnis der
eigenen Tradition zu überdenken. Eine Reihe von Theolog_
innen tritt für eine Christologie ein, »die anerkennt,
dass der Jesus, den wir kennen, ein Jesus ist, der nur
durch die verschiedenen Texte und Überlieferungen
erkennbar wird.« (S. 35) Nach Christian Danz müsse
die systematische Theologie »den historisierenden als
auch den historischen Aspekt unseres Selbstverständnisses
berücksichtigen« (S. 36). Eine neue Christologie
könne deshalb auch nicht »auf philosophisch-historische
Rekonstruktionen aufbauen« (S. 36). Beide Narrative,
sowohl der jüdische als auch der christliche, müssen
unterscheidbar sein (S. 39). Homolka mahnt die
Christ_innen mit Bezug auf Christoph Schwöbel, eine
historische Christologie zu entwickeln, die sich auf Kreuz
und Auferstehung und die Bedeutung für die christliche
Gemeinde bezieht. Schalom Ben-Chorin habe schon
1941 der jüdischen Seite angeraten, Jesus zurück ins
Judentum zu holen. Voraussetzungen für einen ernsthaften
Dialog sei jedoch die »Anerkennung der Eigenständigkeit
der Gesprächspartner« (S. 49).