Antisemitismus – das Gift der Gegenwart in einer demokratischen Zivilgesellschaft

Autor/innen

  • Wilhelm Schwendemann

DOI:

https://doi.org/10.25786/cjbk.v0i03.535

Abstract

Einleitung/Bezug zur Gegenwart
Antisemitische Parolen sind in der Mitte der Gesellschaft
angekommen; immer häufiger nehmen
Tabubrüche in der deutschen Zivilgesellschaft zu,
vor allem seit die »Alternative für Deutschland«
Bündnisse mit Pegida und anderen fremdenfeindlichen
oder rassistischen Vereinigungen eingeht.
Jüngster prominenter Vorfall war der antisemitisch
motivierte Überfall auf das jüdische Restaurant
Schalom in Chemnitz: »Judenschwein,
verschwinde aus Deutschland«.2 Ob mit diesem
Vorfall eine neue Qualität des Antisemitismus vorliegt,
darf zwar infragegestellt werden, die Tat
selbst bleibt jedoch alarmierend.
Begriffliches
In der Geschichte des Antisemitismus 3 lassen
sich verschiedene Phasen mit unterschiedlichen
Ausprägungen und Erscheinungsweisen unterscheiden.
4 Zu unterscheiden sind primärer, sekundärer
5 und sog. tertiärer Antisemitismus.
Als primärer Antisemitismus lassen sich traditionelle
Formen von Judenfeindschaft (im Mittellalter
zum Beispiel Vorwürfe des Hostienfrevels
usw.) bezeichnen.
Der sekundäre Antisemitismus instrumentalisiert
die Schoah gegen Juden/Jüdinnen und gegen
den Staat Israel und ist nach Adornos Lesart
so etwas wie ein »Schuld- und Erinnerungsabwehr-
Antisemitismus« 6: »In letzter Konsequenz
mündet dieser sekundäre Antisemitismus in die
Leugnung des Holocaust.«7
Die neueren Varianten des Antisemitismus sind
der Antizionismus, der das Existenzrecht Israels
als Staat bzw. als Zivilgesellschaft in Frage stellt.
Der tertiäre Antisemitismus wird als die neue
Form des islamischen Antisemitismus charakterisiert;
gleichwohl ist dieser Begriff umstritten und
unscharf.8 Es scheint, als diene diese Form des
›islamischen Antisemitismus‹ dem Erhalt fragiler
Identitätskonstruktionen im Bereich jugendlicher
Migrant_innen, wie Rausch und Schwendemann
gezeigt haben.9
Antisemitismus lässt sich als Generalbegriff für
jede Form psychischer, physischer, verbaler, sozialer
Judenfeindschaft sehen: »Der Antisemitismus
manifestiert sich in Wort, Schrift und Bild sowie in
anderen Handlungsformen, er benutzt negative
Stereotype und unterstellt negative Charakterzüge…
[und] meint… die Gesamtheit judenfeindlicher
Äußerungen, Tendenzen, Ressentiments,
Haltungen und Handlungen unabhängig von
ihren religiösen, rassistischen, sozialen oder sonstigen
Motiven.«10
Nach der NS-Gewaltherrschaft muss der Antisemitismus
in Deutschland als »gesellschaftliches
Paradigma« verstanden werden, das dann als Medium
weiterer Vorurteile und rassistischer Einstellungen
dient.
Religiöser Antisemitismus aus dem christlichen
Bereich wurde und wird von Unwissenheit
über die jüdische Religion und Nichtverstehen genährt.

Downloads

Veröffentlicht

2021-01-22