Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus e.V.: Grundsatzerklärung zur Bekämpfung des Antisemitismus. Fünf Punkte zu einer nachhaltigen Strategie

Autor/innen

  • Jüdisches Forum für Demokratie

DOI:

https://doi.org/10.25786/cjbk.v0i03.541

Abstract

I Betroffene ernst nehmen
Wer Antisemitismus am eigenen Leib erfährt,
etwa durch Beleidigungen, Bedrohungen oder
Gewalt, der weiß, wovon die Rede ist. Es ist Zeit,
die Erfahrung der Betroffenen angemessen in die
Lagebeurteilungen einzubeziehen.
II Die Arbeitsdefinition »Antisemitismus«
der IHRA anwenden!
Gemäß der Arbeitsdefinition »Antisemitismus«
der Internationalen Allianz für Holocaust-Gedenken
(IHRA) sind feindselige Haltungen bis hin zum
Hass gegen Personen, Einrichtungen und Organisationen,
die als jüdisch oder mit dem Judentum
verbunden wahrgenommen werden, als Antisemitismus
zu betrachten.
Darüber hinaus kann auch Feindseligkeit gegenüber
dem Staat Israel als jüdisches Kollektiv
antisemitisch sein.
III Antisemitismus greift das ganze
freiheitlich-demokratische Gemeinwesen an
Die Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus
ist der Lackmustest für die deutsche Demokratie
nach der Shoah. Antisemitismus ist immer
auch ein Angriff auf die Unantastbarkeit der Menschenwürde
sowie auf die Fundamente des freiheitlich-
demokratische Gemeinwesens.
IV Antisemitismus ist keine
beliebige Diskriminierungsform
Antisemitismus ist anderen Formen von Hass
gegen Gruppen oft ähnlich, aber nicht gleich. Keine
Form von vorurteilsmotiviertem Hass und keine
Diskriminierung ist hinnehmbar. Bei der Prävention
und Intervention gegen Antisemitismus müssen
aber die Besonderheiten der über Jahrhunderte
ausgeprägten Judenfeindschaft berücksichtigt
werden. Antisemitismus lässt sich nicht erfolgreich
als bloße Unterkategorie von Rassismus bekämpfen.
Schon gar nicht lassen sich – auch wenn
diese drei Formen Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit
gleichermaßen unvereinbar mit der
Menschenwürde sowie mit den Menschenrechten
und deshalb nicht hinnehmbar sind – Antisemitismus,
Rassismus und Muslimfeindlichkeit
einfach gleichsetzen.
V Für eine aufgeklärt-humanistische und
demokratische Kultur des Zusammenlebens
Der beste Schutz gegen Antisemitismus ist
eine den Grundwerten des freiheitlich-demokratischen
Gemeinwesens gemäße Kultur des Zusammenlebens.
Das freiheitlich-demokratische Gemeinwesen
wird nicht nur durch Verfassungs- und Gesetzestexte
zusammengehalten. Sein Zusammenhalt
lebt auch von Symbolen, Ritualen und Konventionen,
in denen die fundamentalen Werte
und Normen der freiheitlichen Demokratie Ausdruck
finden.
Was jetzt getan werden muss
Die Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus
bedarf der Auseinandersetzung mit allen seinen
Erscheinungsformen, muss die Perspektive,
Erfahrungen und Expertise der Betroffenen in eigener
Sache ernst nehmen und zugleich den Antisemitismus
als Angriff auf das ganze freiheitlich-
demokratische Gemeinwesen als solches abwehren.

Downloads

Veröffentlicht

2021-01-22