Editorial

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DOI:

https://doi.org/10.25786/cjbk.v0i01-02.556

Abstract

»Alles wirkliche Leben ist Begegnung.«
Martin Bubers Dialogphilosophie kann für alle
kommunikativen Unternehmungen menschlichen
Daseins, gerade aber auch für die christlich-jüdische
Verständigung sowie für den Austausch mit
anderen Religionen und Weltanschauungen, als
theoretische Basis verstanden werden. Denn echte
Begegnung setzt ein entscheidendes Moment voraus,
das die Dialogpartner verbindet: gegenseitige
Anerkennung, wechselseitiger Respekt, sich
ohne Bedingungen auf einen anderen Menschen
einlassen können.
Das dialogische Prinzip ist keine abstrakte Angelegenheit,
sondern will mitten im Leben, mitten
im Alltag vollzogen sein. Neben der Praxis
von Begegnung steht die »Vergegnung«, wenn
sich der Dialog nicht einstellen mag. Beispielhaft
für diesen Zusammenhang ist Martin Bubers Rede
in der Frankfurter Paulskirche (1953) (»Das echte
Gespräch und die Möglichkeiten des Friedens«),
in der er das Gespräch gegen den Krieg stellt: »Der
Krieg hat von je einen Widerpart, der fast nie als
solcher hervortritt, aber in der Stille sein Werk
tut: die Sprache – die erfüllte Sprache, die Sprache
des echten Gesprächs, in der Menschen einander
verstehen und sich miteinander verständigen.«1
Mit Bubers Philosophie und schließlich auch
mit seiner daraus resultierenden zugewandten,
kommunikativen und beziehungsorientierten Pädagogik
hat sich ein Wandel im abendländischen
Denken vollzogen: Das Subjekt, das Individuum
kann nicht mehr als solitär und unabhängig definiert
werden, wie es die Subjektphilosophie seit
der Aufklärung teils explizit, teils implizit verstanden
hat. Der Mensch ist Beziehung, alle seine Lebensvollzüge
sind Beziehung.
Das gleiche gilt für Gemeinschaften, seien sie
religiöse, soziale, ethnische Gruppen. Buber ist kei -
neswegs nur Philosoph. Er hat sich leidenschaftlich
für die Verständigung zwischen Juden und
Nichtjuden, zwischen jüdischen Israelis und Palästinensern,
zwischen allen Völkern eingesetzt. Das
macht sein radikales Dialogdenken so hochaktuell
– in Zeiten des neu aufkommenden Fundamentalismus,
Rassismus und Antisemitismus.
Aus diesen Gründen haben wir eine Ausgabe
der Zeitschrift für christlich-jüdische Begegnung
im Kontext (ZfBeg) für das Leben und Werk Martin
Bubers zusammengestellt – anlässlich seines
140. Geburtstages in diesem Jahr.
Aufgrund der Fülle von Beiträgen ist wieder
eine Doppelnummer entstanden. Die Publikation
dieser Ausgabe hat sich verzögert – aber Krankheit
und Tod passen nicht in den Terminkalender
und beeinträchtigten die ehrenamtliche Arbeit
des Redaktionsteams.
Reinhold Boschki
Julia Münch-Wirtz
Wilhelm Schwendemann
Verantwortliche Schriftleitung 2
Ulrich Ruh
Redaktion
in Kooperation mit
Daniel Krochmalnik


Wir widmen diese Ausgabe dem
Gedenken an die viel zu früh verstorbene
Priska Schwendemann, deren Leben
ein Leben voller Begegnungen war.

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Veröffentlicht

2021-01-22