Zeitzeugenberichte Holocaust-überlebender Juden im Schulunterricht. Chancen der Digitalisierung: www.papierblatt.de
DOI:
https://doi.org/10.25786/cjbk.v0i01-02.566Abstract
1 Einleitung
In Bad Liebenzell-Maisenbach hat das christliche
Hilfswerk Zedakah e.V. seine Zentrale.2 Es unterhält
in Israel ein Gästehaus und ein Pflegeheim
für Holocaust-überlebende Juden. Immer wieder
erzählen Überlebende vor den Mitarbeitenden in
Israel und bei Veranstaltungen in Deutschland ihre
Lebensgeschichte.
Bei den Veranstaltungen mit Zeitzeugen bekommt
die NS-Ideologie in ihrer menschenverachtenden
Brutalität ein Gesicht. Die Ereignisse der
Vergangenheit werden aktualisiert und in eine persönliche
Begegnung von Erzählendem und Hörendem
eingebunden. In diesen Begegnungen wird
Geschichte erlebbar und Empathie ausgebildet.
Gesellschaftlich und ethisch relevante Themen
werden in ihrer unmittelbaren Konsequenz für
Menschen erfahrbar. Dies entspricht dem Interesse
der Zeitzeugen selbst, die sich durch ihren
Bericht ein humaneres, toleranteres und friedvolleres
Miteinander in der Gegenwart und Zukunft
erhoffen.
Doch wie lange können solche Begegnungen
noch durchgeführt werden? Ende 2016 lebten in
Israel noch ca. 186.500 Juden, die den Holocaust
überlebt haben.3 Die Jüngsten von ihnen sind mittlerweile
73 Jahre alt. Nur ein Teil der Überlebenden
will oder kann von dieser düsteren Seite der
eigenen Lebensgeschichte erzählen. In absehbarer
Zeit wird es niemanden mehr geben, der persönlich
und authentisch seine Geschichte der Ausgrenzung,
Verfolgung und Qual zur Zeit der nationalsozialistischen
Herrschaft erzählen kann.
2 www.papierblatt.de – ein Denkmal
Die digitale Plattformwww.papierblatt.de bewahrt
die auf Video aufgezeichneten Lebensberichte
vor dem Vergessen, bietet eine Ergänzung
und in Zukunft immer mehr eine Alternative zu
Realbegegnungen mit Holocaust-überlebenden
Juden. Zusätzlich eröffnet sie vielfältige Möglichkeiten,
um sich mit den Biografien Überlebender
auseinanderzusetzen.
Ihren Namen hat die Homepage von Mordechai
Papirblat: Geboren 1923 als Jude in Polen; er
erlebt den Kriegsbeginn in Warschau und muss
dort im Ghetto leben, bis er nach Auschwitz deportiert
wird; kurz vor Kriegsende gelingt ihm die
Flucht von einem sog. Todesmarsch; 1946 geht
er ins damalige britische Mandatsgebiet Palästina,
gründet eine Familie und lebt bis heute in Israel.
»Papirblat«: Seine Vorfahren waren Schreiber,
die Heilige Schriften für zukünftige Generationen
kopierten. »Mein Name ist ein Denkmal«, sagt er.
Er ist der einzige Überlebende mit diesem Na men.
Ein Denkmal, ein Angebot des Erinnerns und Lernens
für heutige und zukünftige SuS 4 möchte
auch die Homepagewww.papierblatt.de sein, die
seinen Namen trägt.