Josef Wohlmuth zum 80. Geburtstag. Christliche Theologie im Gespräch mit jüdischem Denken
DOI:
https://doi.org/10.25786/cjbk.v0i01-02.570Abstract
Kaum ein christlicher Theologe hat sich
derart nachhaltig und konsequent auf
jüdisches Denken eingelassen wie der vor
15 Jahren emeritierte Bonner Dogmatiker
Josef Wohlmuth. Zu Beginn dieses Jahres
feierte er seinen 80. Geburtstag. Hier der
Versuch einer akademischen Würdigung:
Wer Josef Wohlmuth persönlich kennt, weiß
nicht nur seine bescheidene und ganz dem Gesprächspartner
zugewandte Art zu schätzen, sondern
auch den wachen und innovativen Geist.
Als prominentes Beispiel für diese geistige Offenheit
und Beweglichkeit mag die öffentliche Abschiedsvorlesung
gelten, die Josef Wohlmuth am
7. Februar 2003 im Festsaal der Bonner Universität
gehalten hat. Denn als Gegenstand der Vorlesung
wählte er kein bereits hinlänglich bearbeitetes
Themenfeld, das geeignet gewesen wäre,
eine Bilanz seiner ausgesprochen produktiven
Lehr- und Forschungstätigkeit zu ziehen.
Grund genug für diese theologische Bilanz
hätte es gegeben: Nach seiner Dissertationsschrift
über die Eucharistielehre des Trienter Konzils, die
im Sommersemester 1973 unter Betreuung von
Joseph Ratzinger in Regensburg angenommen
wurde, legte er im Jahr 1979 als Habilitationsschrift
eine dogmen- und konziliengeschichtliche
Studie über die »Verständigung in der Kirche« anhand
der Sprache des Konzils von Basel vor. Die
Position des Konziliarismus, die Wohlmuth mit
Nachdruck bis heute vertritt, erklärt sein bleibendes
Interesse an den Konzilien. Ausdruck und Höhepunkt
dieses Forschungsinteresses bildet die auf
drei Bände angelegte deutsche Übersetzung der
Dekrete der ökumenischen Konzilien (1998 –
2002), deren weitere Verbreitung durch eine digitale
Version befördert werden könnte, die dem Verlag
darum dringend empfohlen sei.
Das zentrale Anliegen und die Motivationskraft
aller weiteren dogmatischen Studien liegen –
und es wäre kaum abwegig in dieser Fundierung
eine Frucht des Zweiten Vatikanischen Konzils
und der damit gegebenen längst überfälligen Hinwendung
der katholischen Kirche zum zeitgenössischen
Judentum zu sehen – in der Erkenntnis
jüdischen Denkens. Waren zunächst Franz Rosenzweig,
Walter Benjamin und Theodor W. Adorno
wichtige Referenzautoren, so stieß Wohlmuth in
seiner weiteren Beschäftigung bald auf einen weiteren,
zeitgenössischen Philosophen: Emmanuel
Levinas. Mit allem zur Verfügung stehenden Eifer
und Ernst studierte Wohlmuth fortan das anspruchsvolle
Werk des französischen Philosophen,
um die eigene, christliche Theologietradition besser
verstehen zu können sowie vor allem, um den
transzendentalphilosophischen Ansatz seines eigenen
Lehrers, Karl Rahner, phänomenologisch
zu vertiefen und weiterzuführen.
Im Jahr 1998, etwas mehr als zehn Jahre nach
seiner Berufung auf den Lehrstuhl für Dogmatik
in Bonn, veröffentlichte Wohlmuth den bis heute
einschlägigen Sammelband »Emmanuel Levinas:
Eine Herausforderung für die christliche Theologie
«. Der Band war nicht Abschluss und Ende einer
wissenschaftlichen Beschäftigung, sondern
Anfang und Ausgangspunkt zahlreicher weiterer
Studien zu zentralen Themenbereichen der Dogmatik
sowie des jüdisch-christlichen Gesprächs:
zur Schöpfungstheologie, zur theologischen Anthropologie,
zur Gnaden- und Erlösungslehre.