Rezension zu: Hilberath, Bernd Jochen; Abdallah, Mahmoud (2017, 2. Aufl. 2018): Theologie des Zusammenlebens. Christen und Muslime beginnen einen Weg, Matthias Grünewald-Verlag, Ostfildern, 290 Seiten.
DOI:
https://doi.org/10.25786/cjbk.v0i01-02.582Abstract
Über den christlich-jüdischen Dialog hinaus weist
dieser Sammelband eine Richtung, die für eine »Theologie
des Zusammenlebens« der Religionen insgesamt
wesentlich ist: Der christlich-muslimische Dialog muss
mit aller Ernsthaftigkeit theologisch und kirchlich vorangebracht
werden, auch wenn er auf einer völlig anderen
Grundlage steht als das besondere Verhältnis zwischen
Christen und Juden. Beide Diskurse dürfen nicht
vorschnell vermischt und in einer »Trialog-Perspektive«
aufgehoben werden. Dennoch hängt die Beziehung zwischen
Christen und Muslimen mit der historisch früheren
und theologisch anders gewichteten Beziehung zwischen
Christen und Juden zusammen. Wie genau – dies
müssen weitere theologische Bemühungen ausloten.
Die Beiträge beschränken sich – mit einer Ausnahme
– auf eine neue Verhältnisbestimmung zwischen
Christen und Muslimen. Eine Tagung der drei Theologien
an der Universität Tübingen, der katholischen, evangelischen und muslimischen, im Jahre 2016 widmete
ihre Beiträge der Möglichkeit einer »Theologie
des Zusammenlebens«, die nun in einer Buchreihe weiter
betrieben werden soll. Das vorliegende Buch stellt
Band 1 dieser Reihe dar, weitere Bände sind bereits in Vorbereitung.
Die gemeinsamen Reflexionen zeugen von aufrichtiger
gegenseitiger Wahrnehmung und »Dialogbereitschaft
«, die Bernd-Jochen Hilberath als Voraussetzung
einer »Theologie des Zusammenlebens« benennt (S.
241– 271). Diese Dialogbereitschaft umfasst mehrere
Ebenen, den Dialog des Lebens, des Handelns, der Theologie
und – nicht zuletzt – der Spiritualität. Nur wenn
alle vier Ebenen zusammenkommen und konkret gelebt
werden, können Christen und Muslime von einer Weggemeinschaft
sprechen. Allerdings gehört dazu auch,
dass schwierige Themen nicht ausgespart bleiben, beispielsweise
das zentrale Thema »Religion und Gewalt«.
Religion muss als ambivalentes Phänomen wahrgenommen
werden. Selbstverständlich wird Religion oft genug
von Machthabern oder Fundamentalisten instrumentalisiert.
Allerdings darf Gewalt nicht nur zu einem externen
Problem erklärt werden: »Es ist zuzugeben, dass
Religion selbst zur Quelle von Gewalt werden kann und
dass hier monotheistische Religionen in spezifischer
Weise gefährdet sind.« (S. 262)
Auch Mahmoud Abdallah hält eine kritische Selbstreflexion
für unerlässlich. Die Anderen dürfen nicht als
»Ungläubige« bezeichnet werden, ebenfalls darf eine
»Theologie des Zusammenlebens« nicht von einer
»Theologie der Missionierung« motiviert sein (S. 215 –
239). Der Austausch muss sich auf die Gebiete der
Dogmatik, also des Gesprächs über Glaubensinhalte,
aber ebenso auf das soziale, das wirtschaftliche und das
politische Gebiet erstrecken. Auch aus muslimischer
Sicht sind Anerkennung und Wertschätzung Grundlagen
für eine »Theologie des Zusammenlebens«. Dazu
zitiert Abdallah Sure 43, Vers 13 aus dem Koran: »O ihr
Menschen, Wir haben euch ja von einem männlichen
und einem weiblichen Wesen erschaffen, und Wir haben
euch zu Völkern und Stämmen gemacht, damit ihr
einander kennenlernt.« (S. 228)