Rezension zu: Härle, Wilfried (2017): …und hätten ihn gern gefunden. Gott auf der Spur, Evangelische Verlagsanstalt Leipzig, 309 Seiten.
DOI:
https://doi.org/10.25786/cjbk.v0i01-02.589Abstract
»Nicht alle Menschen suchen Gott.«, manche meinen,
ihn gefunden zu haben, andere erleben es als Gewinn,
Befreiung oder Entlastung, ihn losgeworden zu
sein, wieder andere begegnen dem Gottesglauben mit
Ablehnung oder Hass in Form eines fanatischen Atheismus.
Viele Menschen aber suchen Gott, würden gern
an ihn glauben, können es aber nicht. An diese richtet
sich das neue Buch von Wilfried Härle, der den Glauben
an Gott mit einer Liebesbeziehung vergleicht: Liebende
besitzen einander nicht, können über ihre Liebe nicht
verfügen, im selben Maße wird Glaube zuteil. (S. 7)
Sein Buch soll persönliche Glaubenserfahrung und
-praxis durch Erfahrungen und Einsichten fördern, die
sich auf das eigene Leben beziehen und zur Gewissheit
und Überzeugung werden (S. 9). Nach einer ersten religiösen
Sozialisation in der Kindheit haben viele Menschen
den Kontakt zum Glauben aus verschiedenen
Gründen verloren; dieser kann aber wiedergefunden
werden, Einwände und Vorbehalte sind dennoch möglich.
(S. 10f) Die Frage des Buches ist daher, worum es
beim Glauben an Gott geht, was gegen oder für den
Glauben spricht.
Härle nennt zahlreiche Gründe für Schwierigkeiten
mit dem Glauben an Gott, wie atheistische Erziehung,
konfessionell oder interreligiös unterschiedliche oder
widersprüchliche Gottesbilder, die Theodizee, von Religionen
oder Konfessionen ausgehende Gewalt, persönliche
Enttäuschungen oder die Frage, ob der Glaube
Stärke nimmt (S. 15 – 20). Ziel des Buches ist eine umfassende,
ehrliche und verständliche Beschäftigung mit
dem Glauben aus christlicher Perspektive (S. 20).
Dies setzt er in der Folge um: Härle wechselt in seinem
Buch zwischen wissenschaftlichem und alltäglichem
Sprachgebrauch. Der Perspektivenwechsel zwischen
Wissenschaft und Praxis fördert eine argumentativ
klare, anschauliche und lebensnahe Darstellung,
sei es in der theologisch geprägten Auseinandersetzung
mit Tod, Auferstehung und ewigem Leben (S. 43 – 50)
wie in der Frage nach dem Verbleib der Vernunft (S.
51– 60).
Der Lesende wird aufgefordert, zwischen heiligem,
guten und unheiligem, bösem Geist zu unterscheiden,
»denn viele falsche Propheten sind hinausgegangen in
die Welt.« (1 Joh 4,1) (S. 55), eine Aufforderung, die
gerade in Zeiten pluraler Möglichkeiten der Lebensgestaltung
zunehmend an Bedeutung gewinnt. Die schöpferische
Vernunft Gottes ist für Härle Voraussetzung für
menschliche Vernunft (S. 59). Diese soll zu einer Erfahrung
des Verstehens und Verstanden-Werdens beitragen,
die der Welt Sinn gibt (S. 60). »Gott als Geheimnis
der Welt« ( Eberhard Jüngel ) offenbart sich
biblisch (S. 61) und gibt in seiner Selbstoffenbarung dem
Menschen Orientierung für sein Leben (S. 62f).
Wie schon in »Warum Gott?« (2013) bietet Härle
auch diesmal eine verständlich geschriebene, informative
theoretische Basis mit umfangreichen Erläuterungen,
die gleichzeitig als Nachschlagewerk dienen. Wissenschaftlich
präzise verläuft die Suche nach Gott theologisch
fundiert mit umfangreichen Literaturverweisen.
Christliche Glaubensgrundlagen werden nachvollziehbar
erklärt und belegt.