Nr. 3 (2025): Janusz Korczak und sein Vermächtnis
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Die vorliegende Ausgabe zu Janusz Korczak
(1878/79 –1942) setzt die Reihe unserer ZfBegPorträts fort: Elie Wiesel, Martin Buber, Emmanuel
Levinas, Hannah Arendt und Abraham Joshua Heschel. Janusz Korczak wirkte in Warschau als Kinderarzt, Schriftsteller, Pädagoge und Leiter zweier Waisenhäuser, die als Leuchttürme der Reformpädagogik über die Grenzen Polens hinaus bekannt geworden sind. Gemeinsam mit seinen 200 Waisenkindern wurden Janusz Korczak sowie seine Kolleginnen und Kollegen am 5. August 1942 auf
den Warschauer Umschlagplatz getrieben und im Konzentrationslager Treblinka ermordet.
Bedeutsam und bis heute in die Pädagogik hineinwirkend ist Korczaks »Pädagogik der Achtung«. Zusammen mit den beiden Haupterzieherinnen der Warschauer Waisenhäuser – Maria Falska im Waisenhaus Nasz Dom für polnische Kinder und Stefania Wilczyn´ska im Waisenhaus Dom Sierot für jüdische Kinder – sowie den Kindern entwickelte Korczak innovative und weitreichende Formen der Partizipation und eine Kinderrepublik, die basisdemokratisch aufgebaut war.
Die Kinder wurden befähigt, in ihren eigenen Belangen mitzubestimmen sowie Verantwortung für
sich und die Gemeinschaft zu übernehmen. Die Gesamtausgabe der Korczakschen Werke wurde Anfang der 2000er Jahre initiiert, und mit dieser 16-bändigen Werkausgabe begann die erneute Renaissance der Korczak-Pädagogik.
Irit Wyrobnik diskutiert in ihrem Artikel diese Grundlinien und kontextualisiert sie als »kindheitspädagogische«, weil die Perspektiven von Kindern im Vordergrund stehen: Kinder entscheiden mit, haben Rechte und ihnen muss Respekt und Achtung seitens der Erwachsenen entgegengebracht werden: Janusz Korczak wollte, dass jede Erzieherin und jeder Erzieher sich auf den eigenen Weg begibt, pädagogische Szenen reflektiert und Schlüsse daraus zieht. Keinesfalls strebte er an, pädagogische »Rezepte« zu verteilen: »Immer, wenn du ein Buch aus der Hand legst und beginnst, den Faden eigener Gedanken zu spinnen, hat das Buch sein angestrebtes Ziel erreicht.«
In der von Korczak ausgerufenen Magna Charta Libertatis – dem Grundgesetz für das Kind –
forderte dieser große europäische Humanist und Menschenrechtler bereits 1918 selbstbewusst die
drei weltweit bekannt gewordenen Rechte:
1 Das Recht des Kindes auf den Tod.
2 Das Recht des Kindes auf den heutigen Tag.
3 Das Recht des Kindes, das zu sein, was es ist.
Über diese drei Grundrechte stellte Korczak das »Recht des Kindes auf Achtung« und forderte eine Pädagogik, die ihr pädagogisches Handeln aus dem Recht heraus legitimiert, denn nur das Recht
schütze das Kind vor Willkür der Erwachsenen und nehme es als gleichberechtigten Bürger und
als Rechtssubjekt ernst. Denn schließlich, so Korczak, werde das Kind nicht erst zum Menschen,
es sei schon einer. Ein vollwertiger Mensch, mit dem man rechnen müsse. Auch mit Korczak muss man heute nach wie vor rechnen: Über 80 Jahre nach seinem Tod bestimmt er mit seiner Haltung und seinem Handeln pädagogische Debatten und zwingt Erwachsene
dazu, sich zu positionieren.