Auf dem Weg zu einem Bet Midrasch im Geist von Franz Rosenzweig

Authors

  • Ephraim Meir

DOI:

https://doi.org/10.25786/cjbk.v0i03.600

Abstract

Franz Rosenzweig war ein großer dialogischer
Denker und ein Pionier auf dem Feld der jüdischen
Erziehung. Er war ein Rückkehrer zum jüdischen
Volk, der andere Juden zu ihrem jüdischen
Leben zurückführen wollte, ohne die Verbindung
zur allgemeinen Kultur zu verlieren. Weil
er davon träumte, das Judentum in Deutschland
neu zu beleben, begann er mit einem Plan zur
Reform des jüdischen Lernens in den Schulen. Als
Leiter des »Freien Jüdischen Lehrhauses« in Frankfurt
strebte er danach, die traditionelle Institution
des Bet Midrasch, des Hauses für jüdische Studien,
zu erneuern.
Lernen war für das jüdische Leben immer von
großer Bedeutung. Rosenzweig wollte ein »Neues
Lernen« entwickeln. Sein Studienhaus in Frankfurt
war ein Versuch, Juden zu ihrem innersten Selbst
zurückzubringen und ihnen eine neue Lebendigkeit
zu vermitteln. Das Ziel des Studienhauses war,
Teilnehmer »lebendiger« zu machen.2 In diesem
Beitrag arbeite ich die Aktualität von Rosenzweigs
Studienhaus für heutige Juden in Deutschland heraus.
3
»Lernen« die Jahrhunderte hindurch
Durch die Jahrhunderte hindurch wurde das
Lernen, das sowohl Studium wie Lehren umfasst,
im jüdischen Leben hoch geschätzt. Yohanan ben
Zakkai war dazu bereit, das belagerte Jerusalem zu
verlassen, um sein Bet Midrasch in Yavne zu gründen.
Rabbi Akiba übertrat das römische Gesetz, das
jüdisches Lernen untersagte, und bezahlte dieses
Lernen mit dem Leben. Für ihn war das Lehren
derTorah wie Wasser für einen Fisch: Ein Jude, der
nicht lernt, ist wie ein Fisch ohne Wasser. 4
Im talmudischen Traktat Avoda Zara 3b heißt
es, dass Gott selbst drei Stunden am Tag die Torah
studiert. In den folgenden drei Stunden richtet er
die Welt, aber wenn er erkennt, dass die Welt des
Todes schuldig ist, wechselt er vom Thron des Gerichts
zu dem der Barmherzigkeit. In den nächsten
drei Stunden ernährt er die ganze Welt, und während
der letzten drei Stunden spielt er mit Leviathan,
dem Seeungeheuer, wie in Psalm 104,26
bezeugt.5
Im Hebräischen gehören die WörterTorah (Lehren)
und moreh (Lehrer) zusammen. Der Lehrer
wird auch Abba (Vater) genannt, er »erzeugte« sozusagen
seine Schüler. Im jüdischen Leben ist das
Studium eine religiöse Verpflichtung, und ebenso
ist es ein Gebot, Kinder zu lehren (Deut 6,7; 11,19).

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Published

2021-01-23