Rezension zu: Eichstetter, Simon (2017): Geschichte und Familienbuch der Jüdischen Gemeinde von Schwetzingen. Transkription und Einführung von Frank-Uwe Betz. Verlag regionalkultur, Heidelberg/ Ubstadt-Weiher/Neustadt a.d.W., 110 Seiten.

Autor/innen

  • Heike Jansen

DOI:

https://doi.org/10.25786/cjbk.v0i03.627

Abstract

Grundlage des Buches ist die von Simon Eichstetter
verfasste Handschrift Geschichte und Familienbuch
der jüdischen Gemeinde Schwetzingen (17. Jh. –1927),
aktualisiert von Henri/Heinrich Bloch (1928 – 1938).
Transkription und Einführung stammen von Frank-
Uwe Betz vom Arbeitskreis Freundliches Schwetzingen
– Verein für regionale Zeitgeschichte e.V. als Herausgeber
(S. 3f).
Betz beschreibt die Sicherung des Buches in der Pogromnacht
vom 9./10. November 1938. Derartige Akten
wurden durch die Schutzpolizei beschlagnahmt und
der SS übergeben (S. 5), ein SA-Angehöriger übergab
das Buch als Archivmaterial der Polizei. Die personenbezogenen
Unterlagen wurden an das Reichssippenamt
weitergeleitet und bis kurz vor Kriegsende abgefilmt.
In den 1950er Jahren konnte das Hauptstaatsarchiv
Filme mit Personenstandsregistern früherer jüdischer
Gemeinden seines Zuständigkeitsbereiches erwerben
und damit Reproduktionen des Originalbestandes sichern
(S. 6). Betz positioniert sich in diesem Teil deutlich
wertend gegen das NS-Regimes.
Es folgen biografische Angaben zum Verfasser Simon
Eichstetter (1865 –1927), dem langjährigen Lehrer der
jüdischen Gemeinde Schwetzingen (S. 6f). Ihm wurde
1902 als Auszeichnung für das Familienbuch der
Schwetzinger israelitischen Gemeinde vom Großherzoglichen
Oberrat der Israeliten ein Buchpreis verliehen.
Ab 1928 wurde das Buch von Henri Bloch, dem
elsässischen Lehrer und Kantor der Gemeinde, weitergeführt
und aktualisiert. Bloch registrierte Wegzug und
Emigration von Gemeindemitgliedern bis zu seiner Flucht
in der Pogromnacht. Betz wertet auch in diesem Abschnitt
deutlich. Er beschreibt Räumlichkeiten und Geschichte
der jüdischen Gemeinde Schwetzingen, die
seit dem 19. Jahrhundert zu Nordbaden gehörte und der
Gemeinde Heidelberg zugeordnet war (S. 7).
Die Transkription der Handschrift bietet Betz zufolge
eine »authentische Darstellung der Geschichte
und Einrichtungen der jüdischen Gemeinde Schwetzingens
«. Nach einem Abriss der Geschichte des Ortes
und der dort lebenden Juden folgen Angaben zu Bemühungen
der Gemeinde um Erbauung und Einrichtung
einer Synagoge (S. 7), zur Errichtung eines jüdischen
Friedhofs, Neubestimmungen zur Namensgebung und
zur Führung von Standesbüchern. Ein weiterer Teil ist
ein ausführliches Familienbuch, auf das Angaben zu
Zielen, Vorständen und Statuten des jüdischen Frauenvereins
und des entsprechenden Männervereins sowie
der Hinweis auf jüdische Gaststätten folgen (S. 8).
Das Buch verdeutlicht die regionale Vernetzung der
Gemeindemitglieder; besonders beleuchtet werden außerdem
Einrichtungen, Vereine und Besonderheiten
des Gemeindelebens. Es belegt die Zerstörung der Gemeinde
durch die Nationalsozialisten. Betz hält es für
möglich und erforderlich, auf Grundlage dieser Erkenntnisse
gegen heutigen Rechtsradikalismus in verantwortlichem
Handeln Menschen- und Grundrechte zu achten
und zu erhalten (S. 9).
Als besondere Ergänzung geht Betz im folgenden
Abschnitt auf Mitteilungen des Gemeindemitglieds
Flora Vogel aus dem Lager Gurs ein, wohin sie verschleppt
worden war. Betz beschreibt dabei die Umstände
der Deportationen (S. 9f).

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Veröffentlicht

2021-01-23