Niemand darf wissen, dass du Jüdin bist. Das Jugendbuch Das Mädchen mit den drei Namen im Religionsunterricht

Autor/innen

  • Julia Münch-Wirtz

DOI:

https://doi.org/10.25786/cjbk.v0i01-02.641

Abstract

Ein jüdisches Sprichwort lautet: »Das Geheimnis
der Versöhnung heißt Erinnerung.« Doch wie
können die Erinnerungen an die Schrecken des
Nationalsozialismus mit Schülerinnen und Schülern*
im Religionsunterricht wachgehalten und
eine Sensibilisierung für dieses Thema erreicht
werden?
Ein Beispiel, wie Religionslehrer_innen im
Rahmen des Religionsunterrichts mit SuS der Sekundarstufe
1 über den Holocaust ins Gespräch
kommen können, kann das Jugendbuch der israelischen
Autorin Tami Shem-Tov Das Mädchen
mit den drei Namen sein, das von dem jüdischen
Mädchen Jaqueline und ihrer Familie erzählt.
Nachdem der Vater in den besetzten Niederlanden
seine Anstellung an der Universität Utrecht
verloren hat und das alltägliche Leben der Familie
sehr eingeschränkt ist, beschließen die Eltern, ihre
vier Kinder in anderen Familien unterzubringen
und sie so vor der nationalsozialistischen Gefahr
zu schützen. Aus dem Mädchen Jaqueline wird
Lieneke, das Zuflucht bei der Arztfamilie Kohly
findet und nur über Briefe (in Form von kleinen
Heftchen), die der Vater ihr heimlich schickt, Kontakt
zu ihrer Familie hält. In diesen Zeiten der
Verfolgung lebt Lieneke einerseits in einer liebevollen
Ersatz-Familie und schöpft Hoffnung auf ein
baldiges Wiedersehen mit ihrer Familie, andererseits
ist die Angst vor Entdeckung stets präsent
und die Sehnsucht nach ihrer Familie groß. Nach
dem Krieg kommt es zu einem Wiedersehen mit
dem Vater und den Geschwistern. Lienekes Mutter
hat die Kriegsjahre aufgrund einer schweren
Krankheit nicht überlebt.
In dem Jugendbuch, das auf wahren Begebenheiten
beruht, sind die Originalbriefe 3 von Lienekes
Vater enthalten, die häufig in Gedichtform verfasst
sind. Diese beinhalten u.a. alltägliche Geschichten
und Geburtstagsbriefe, die vom Vater
kunstvoll illustriert sind. Auf diese Weise soll die
schmerzvolle Zeit der Trennung für das kleine
Mädchen etwas erträglicher gemacht werden, die
innige Vaterliebe zum Ausdruck kommen und der
Tochter Halt geben.
Die Briefe von Lienekes Vater, die nach dem
Lesen aus Sicherheitsgründen von Dr. Kohly vernichtet
werden sollten, sind vollständig erhalten
und heute in dem israelischen Kindermuseum
Yad LaYeled ausgestellt, da es Dr. Kohly nicht übers
Herz brachte die Briefe zu vernichten. Stattdessen
vergrub er diese im Garten und übergab sie Lieneke
nach dem Ende des Krieges.

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Veröffentlicht

2021-01-23

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Anregungen für Schule | Gemeinde | Erwachsenenbildung | Bildung