Experiment Mensch. Hannah Arendt und die frühen KZ-Zeugnisse - Für Katja
DOI:
https://doi.org/10.25786/zfbeg.v0i03.895Keywords:
Hannah Arendt, Primo Levi, KZ-Zeugnisse, Schuldfrage nach Auschwitz, Holocaust EducationAbstract
Metaphysische Schuld
Der jüdisch-italienische Auschwitz-Überlebende Primo Levi schilderte 1947 die Befreiung des KZs:
»Die erste russische Patrouille tauchte gegen Mittag des 27. Januars 1945 in Sichtweite des Lagers auf. (...). Es waren vier junge Soldaten zu Pferde (...). Als sie den Stacheldraht erreicht hatten, hielten sie an (...) und blickten, von einer seltsamen Befangenheit gebannt, auf die durcheinander liegenden Leichen, die zerstörten Baracken und auf uns wenige Lebende. (...) Sie grüßten nicht, lächelten nicht; sie schienen befangen, nicht so sehr aus Mitleid als aus einer unbestimmten Hemmung heraus, die ihnen den Mund verschloss und ihre Augen an das düstere Schauspiel gefesselt hielt.« Die Beschreibung hält das stumme Entsetzen der Befreier fest. In diesen Blicken entdeckten die Häftlinge ihr »KZ-Universum« mit anderen Augen und erkannten, dass es nicht die letzte aller möglichen Welten war. Das war der Augenblick der Befreiung, nachdem die Wachmannschaft schon zuvor abgezogen war. Aber in diesen Blicken spiegelt sich noch etwas, was den Häftlingen wohlbekannt war; oft genug hatten sie ihre Marterhölle mit den gleichen Augen betrachtet. Levi schildert die Empfindung, die er am Grund dieser Blicke wiederzuerkennen glaubte: [...]
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