»Wir Juden waren Ghetto, bevor es Hip-Hop gab.« (Oliver Polak). GangstaRap meets Auschwitz – und die Frage: Sind Felix Blume und Far?-d al-’Abdala-w?- antisemitisch?
DOI:
https://doi.org/10.25786/cjbk.v0i03.536Abstract
12. April 2018, Messe Berlin, die ECHO-Verleihung
der Deutschen Phono-Akademie findet
zum 27. Mal statt. Später wird sich herausstellen,
diese Veranstaltung sollte die letzte ihrer Art sein.
An diesem Tag, dem 27.Nisan, wird seit 1951 in
Israel ein besonderer Nationalfeiertag begangen,
der Jom Ha’ Shoah. Er erinnert an die Schoah,
aber auch den jüdischen Widerstand, der mit dem
Aufstand im Warschauer Ghetto 1943 für immer
zu einem unverzichtbaren Teil der jüdischen Erinnerungskultur
verschmolz.
An diesem Abend also überträgt der Sender Vox
live aus Berlin, und es ist bereits bekannt, wer in
den einzelnen Music-Styles prämiert wird, denn
die Verkaufszahlen des vergangenen Jahres sind erfasst.
Und die Auszeichnungen folgen ausschließlich
diesem Kriterium. Ed Sheeran wird prämiert,
Helene Fischer, die Imagine Dragons, aber auch
das GangstaRap-Duo Kollegah (Felix Blume) und
Farid Bang (Far?-d al-’Abdala-w?-) erhalten für ihr
Album Jung, Brutal, Gutaussehend 3 die begehrte
Trophäe. Kaum war der Tonträger kurz vor Weihnachten
2017 auf dem Markt, lag die Singleauskopplung
Sturmmaske auf auf Platz 1 der Singlecharts.
Ins Rampenlicht der deutschen Öffentlichkeit
gelangte aber der Bonustrack 0815 wegen
seines umstrittenen antisemitischen Inhalts.
Der Streit um diesen Track hatte sich bereits
vor der Echo-Verleihung angebahnt, erreichte aber
an diesem besagten Abend mit dem Auftritt von
Campino, Sänger und Songwriter der »Toten Hosen
«, einen seiner echten Höhepunkte. Gerade
hatte die frühere Punk-Band den ECHO für ihr
Album Laune der Natur kassiert, da bleibt Campino
auf der Bühne stehen und entfaltet mit zitternden
Händen zwei Seiten Papier. Im Publikum
vor ihm sitzen die geladenen Gäste an bunten Tischen
mit Sekt in lockerer Atmosphäre, schließlich
ist ECHO Party.