Laupheimer Ziegel. Ein innovatives Gedenkprojekt mit Schülerinnen und SchülernEin innovatives Gedenkprojekt mit Schülerinnen und Schülern
DOI:
https://doi.org/10.25786/cjbk.v0i03.543Abstract
Sommer 2018: Der Sommer, der nicht enden
will – wie wird er in die Geschichte eingehen?
Sommer 2018: ein Sommer der Extreme –
kaum Niederschlag, Hitzerekorde, letzter Vorbote
des Klimawandels? Klimawandel im meteorologischen
Sinn und im übertragenen Sinn.
Sommer 2018: Auf den Straßen von Chemnitz
und anderswo werden Menschen gejagt. Gleichzeitig
kommt es zu zahlreichen antisemitischen
Vorfällen an Schulen und in der gesellschaftlichen
Öffentlichkeit.
Sommer 2018: Es naht das 80-jährige Gedenken
an die Reichspogromnacht im November. Der
pädagogische Leiter des Museums zur Geschichte
von Juden und Christen in Laupheim, Dr. Michael
Koch, überlegt, wie man dieses Jubiläum begehen
kann. Es entsteht der Gedanke, dass jede Schule
ein Modell der großen Laupheimer Synagoge
erstellt. Der Kunstlehrer des Carl-Laemmle-Gymnasiums,
Tobias Wedler, ein wahrer Künstler, hat
noch kein rundum gutes Gefühl dabei. So gut die
Ideen der verschiedenen Schul-Synagogen auch
sein mögen, ihm fehlt noch ein Baustein, damit es
für ihn ein rundes, gelungenes Projekt sein kann.
Sommer 2018: Der Sommer ist so trocken,
dass sich die verborgenen, unsichtbaren Fundamente
der Synagoge im trockenen Rasen abzeichnen
– von unten meldet sich die Synagoge wieder.
Dieses Phänomen bringt Tobias Wedler auf den
Gedanken, das 80 Jahre lang unsichtbare Fundament
des Synagogenturmes wieder sichtbar werden
zu lassen. Er macht sich daran, ein Modell für
Lehmziegel zu konstruieren mit dem Maß des
Württembergischen Ziegels, aus dem die Synagoge
1871 erbaut wurde. Gesagt, getan. Von da an ergibt
eines das andere: Wie komme ich an den Lehm?
Eine Anfrage beim regionalen Ziegelsteinhersteller,
der in seinen Ziegelsteinen auch Lehmanteile
verarbeitet, stößt auf offene Ohren: Der Lehm ist
versetzt mit Zeitungspapierresten und Textilfasern,
die zum einen zur Armierung dienen, zum
anderen beim Brennvorgang bei der industriellen
Herstellung der Ziegel Luftbläschen bewirken, die
die Dämmeigenschaften verbessern. Dieser Lehm
wird aus der industriellen Fördermaschine heraus
geholt. Ein örtliches Bauunternehmen bietet an,
kostenlos den Transport des Lehms an die Schule
zu organisieren (welch schöner Zufall: Dieses Unternehmen
hat auch die neue Ulmer Synagoge
wieder aufgebaut.).
Die Idee entsteht, dass jede Schülerin und jeder
Schüler seinen eigenen Laupheimer Ziegel
entweder während des Kunstunterrichts, in einer
Pause oder im Laufe eines Schultages herstellt:
Der Lehm wird in die Hand genommen, zerbröselt,
geknetet und mit einem Stößel verdichtet.