Gewissenserfahrung, Gotteswort und Sprachskepsis bei Emmanuel Levinas

Autor/innen

  • Claudia Welz

DOI:

https://doi.org/10.25786/cjbk.v0i03.414

Abstract

Vorausblick: das Itinerarium In seiner kleinen Abhandlung »Ist die Ontologie fundamental?« (1951), die den Aufsatzband Entre nous aus dem Jahr 1991 eröffnet, stellt Emmanuel Levinas den Vorrang der Ontologie, der Lehre vom Sein bzw. Seinsverstehen, in Frage. Mit dieser Infragestellung zu beginnen ist in seineneigenen Augen »eine gewagte Unternehmung«2.In ihr werden ganz grundlegende Gewissheiten,Erkenntnismöglichkeiten und Selbstverständlich-keiten der zeitgenössischen Philosophie hinter-fragt, um »an deren Quelle«3zurückzugehen: dieBegegnung mit dem Antlitz des Anderen, des›Nächsten‹ – jenes Menschen, der mir, ob ich daswill oder nicht, über den Weg geschickt wird undmir unausweichlich anvertraut ist. Auf die Präsenzdes Nächsten in meiner Nähe muss ich reagieren,denn ›aus dem Weg gehen‹ kann ich ihm nicht. Das intrikate Verhältnis zum Nächsten, an demlaut Levinas das philosophische Denken entspringt,ist nicht nur und nicht zuerst ein intellektuellesVerhältnis, in dem es ums Verstehenwollen geht,sondern ein alle Sinne involvierendes Hören und Sprechen, das sowohl ethische als auch religiöse Bedeutung hat. Die Begegnung mit dem Nächsten ist ethisch relevant, sofern sich an ihr die ›Gewis-senserfahrung‹ meines Für-den-Anderen-Verantwortlichseins entzündet, und religiös bedeutsam, sofern mir im Angesicht des Anderen ›Gott‹ ein-fällt. Sooft dies geschieht, wird der philosophischeDiskurs gleichsam von innen her aufgebrochendurch die Begegnung mit dem von außen Kommen-den. Denn dann werden wir mit einer Transzen-denz konfrontiert, die weder angemessen gedachtnoch sprachlich ›repräsentiert‹ werden kann.

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Veröffentlicht

2021-01-18