Rezension zu: Berger, Joel (2019): Gesetz– Ritus – Brauch. Einblicke in jüdische Lebenswelten, Heidelberg: Universitätsverlag Winter, 446 Seiten.
DOI:
https://doi.org/10.25786/cjbk.v0i01-02.469Abstract
Der etwas spröde Buchtitel gibt nicht wieder, was
den Lesenden erwartet. In 38 Kapiteln (nebst Vor- und
Nachwort, Biografie von Joel Berger, Anmerkungen, Literatur,
Register) gibt es eine profunde Einführung in den
Lebensalltag von Juden und Jüdinnen, Reflexionen über
Judentum in Südwestdeutschland nach der Schoah,
über den christlich-jüdischen Dialog, Antisemitismus.
Es werden überraschende Fragen gestellt, wie zum Beispiel:
Was hat das Einhorn mit der Bibel zu tun (S. 286 –
291)?
Das Judentum wird vom ehemaligen württembergischen
Landesrabbiner in seiner Vielfalt als Pluralität
von Lebensformen und Lebensvollzügen charakterisiert
(S. 15), die sich aus der lebendigen Interpretation der
Bibel, wie zum Beispiel den 613 Weisungen aus der
Torah, und aus talmudischen Traditionen speist. Für
Joel Berger ist zentral wichtig, Judentum als gelebten
ethischen Monotheismus zu verstehen. Hier wäre seiner
Meinung nach auch die Gemeinsamkeit mit dem
Christentum und dem Islam zu suchen, auch wenn in
Joel Bergers Ausführungen ebenso die Unterschiede deutlich benannt werden, manchmal humorvoll und
augenzwinkernd: »Es gab eine Zeit, da die Jungfrau
Maria noch nicht katholisch war« (S. 19). Sehr instruktiv
ist die Vorstellung jüdischer Lebensweise als Bildungsunterfangen
(vgl. Ps 119) (S. 28), was dann in
die Darstellung jüdischer Gelehrsamkeit in Schulen,
Hochschulen, Wissenschaft übergeht (S. 31– 53). Alltagsverhalten
wie »vor einem grauen Haupt sollst du
aufstehen…« (Lev 19,32) (S. 55) oder die Pflege des
Hauses (S. 72 –76), die Pflege des eigenen Körpers (S.
77– 81), Bekleidung (S. 82 – 88),Tallit und Zizit (S. 89 –
93), Essen und Trinken (S. 94 –112) werden ausführlich
erklärt und zum Teil mit vergnüglichen oder nachdenklichen
Geschichten vermittelt.