Rezension zu: Bourel, Dominique (2017): Was es heißt, ein Mensch zu sein Biografie. Aus dem Französischen übersetzt von Horst Brühmann, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, 971 Seiten.

Autor/innen

  • Wilhelm Schwendemann

DOI:

https://doi.org/10.25786/cjbk.v0i01-02.579

Abstract

Dominique Bourel hat mit seiner Buber-Biografie
nicht nur ein akribisch recherchiertes, sondern auch
ein herausragendes Buch vorgelegt. Der Untertitel des
Werkes »Was es heißt, ein Mensch zu sein« ist deswegen
bedeutsam, weil Dominique Bourel sich an wesentlichen
Begriffen der Buberschen Philosophie orientiert:
Begegnung, Beziehung, Vergegnung, Dialog, Heiliger
Weg, Geheimnis u.a. In 35 Kapiteln entfaltet der Autor
das Leben Martin Bubers und seine Verteidigung des jüdischen
Glaubens im 19. und 20. Jahrhundert, was immerhin
»den Zusammenbruch von vier Monarchien,
zwei Weltkriege, die jüdische Tragödie und den israelischen
Unabhängigkeitskrieg« umfasst (S. 14) – dazu
eine Materialfülle unermesslichen Ausmaßes, die Dominique
Bourel für Lesende ungeheuer spannend erzählen
kann.
Die Arbeit an diesem Band dauerte mehr als 20
Jahre, und herausgekommen ist ein unsagbar wertvolles
Buch, das den Lesenden von der ersten Seite an in
den Bann zieht und nicht mehr loslässt. Bedeutsam ist
auch, dass Dominique Bourel seine Biografie entlang
der Buberschen Dokumente entwickelt und so dem
Schaffen Bubers einen Vorrang einräumt (S. 16) und
ihn als »Hüter der Menschlichkeit« (S. 22) lebendig
werden lässt.
Martin Buber wurde am 8.2.1878 in Wien geboren
und ist am 13.6.1965 in Jerusalem gestorben: »Ich
habe keine Lehre, aber ich führe ein Gespräch« (S.
691; Martin Buber: Aus einer philosophischen Rechenschaft,
in: Neue Rundschau Jg. 72, 1961, Heft 3 bzw.
Werke, Band 1, S. 1114). Der Vater, Carl, stammte aus
Lemberg, die Mutter Elise aus Odessa. 1879 verlässt
die Mutter die eheliche Wohnung und Buber wird zu
den Großeltern nach Lemberg gebracht. Der Großvater
Salomon war ein bekannter Ausleger von Talmud- und
Midraschtexten. Lemberg war zu dieser Zeit eine multikulturelle
Metropole, das Geistesleben vielschichtig
und für den kleinen Martin äußerst anregend (S. 31).
Buber lernte über seinen Großvater und im alltäglichen
Erleben verschiedene Strömungen des zeitgenössischen
Judentums kennen, so den osteuropäischen
Chassidismus, die jüdische Orthodoxie, das konservative
Judentum und auch das aufgeklärte liberale Judentum,
das aus der Haskala, der jüdischen Aufklärung entwachsen
ist (S. 32). Am 8.2.1891 findet Bubers Bar-
Mitzwa zu Hos 2, 21 statt.
1892 kehrt der Vater Carl nach Lemberg zurück,
und Buber lebt hinfort bei Vater und Stiefmutter (S.
35). Die Großmutter Bubers, Adele Buber, ist vielseitig
interessiert und gebildet und liest z.B. heimlich die
Zeitschrift Friedrich Schillers (Die Horen).

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Veröffentlicht

2021-01-22

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Rezensionen | Bücherschau