Rezension zu: Jeggle-Merz, Birgit; Durst, Michael (Hg.) (2016): Juden und Christen im Dialog. Theologische Berichte, Bd. 36 Paulus Verlag, Fribourg, 200 Seiten.

Autor/innen

  • Christian Cebulj

DOI:

https://doi.org/10.25786/cjbk.v0i01-02.583

Abstract

Zu den vergessenen Ereignissen in der Geschichte
des Jüdisch-Christlichen Dialogs in Europa gehört die
Seelisberger Konferenz von 1947. Kurz nach dem En de
des Zweiten Weltkriegs und der erschreckenden Erfahrung
der Shoah kamen vom 30. Juli bis zum 5. August
1947 im Hotel Kulm auf dem Seelisberg im Schweizer
Kanton Uri 65 Intellektuelle aus der ganzen Welt zusammen.
Es waren Vertreter jüdischer und christlicher
Organisationen, katholische, protestantische, jüdische Frauen und Männer aus 19 Ländern, die sich zur Internationalen
Konferenz der Christen und Juden (International
Conference of Christians and Jews) trafen.
Sie ging als Emergency Conference on Antisemitism in
die europäische Nachkriegsgeschichte ein. Die Kongress-
Sprache war Englisch, denn mit Rücksicht auf die Gefühle
der jüdischen Teilnehmenden war die deutsche
Sprache untersagt. Die in Seelisberg versammelten Intellektuellen
gaben zum Abschluss ihres Treffens eine
theologische Erklärung in Form von zehn Thesen heraus,
die als Seelisberger Thesen maßgeblichen Einfluss
auf die Erklärung Nostra Aetate des Zweiten Vatikanischen
Konzils hatte. Dennoch sollte es bis 1979 dauern,
dass in einem Arbeitspapier des Gesprächskreises beim
Zentralkomitee der deutschen Katholiken gemeinsame
theologische Aussagen als Frucht
des Jüdisch-Christlichen Dialogs
formuliert werden konnten.
Der vorliegende Band der
Reihe Theologische Berichte, die
gemeinsam von der Theologischen
Hochschule Chur und der
Theologischen Fakultät der Universität
Luzern verantwortet
wird, erinnert 70 Jahre nach der
Seelisberger Konferenz an die Anfänge
des Dialogs zwischen Juden und Christen nach
dem Zweiten Weltkrieg.
Die Judaistin Verena Lenzen, Luzern, unterstreicht
in ihrem Beitrag (S. 36 – 52) die Schlüsselbedeutung des
französischen Historikers Jules Isaac (1877–1963) für
die Seelisberger Konferenz. Isaac hatte entscheidenden
Einfluss auf die Entstehung der Konzilserklärung Nostra
Aetate, denn es gelang ihm in einer Privataudienz,
Johannes XXIII. von der Notwendigkeit einer tiefgreifenden
religiösen Erneuerung des Verhältnisses zum Judentum
zu überzeugen. Damit bereitete Isaac den Boden
für den grundlegenden theologischen Paradigmenwechsel,
den das Zweite Vatikanum im Verhältnis zur
jüdischen Religion vollzog.
Der Beitrag von Kardinal Kurt Koch (S. 53 – 83)
würdigt die Verdienste von Papst Johannes Paul II. um
den Jüdisch-Christlichen Dialog. Er erinnert daran, dass
Johannes Paul II. gleich zu Beginn seiner Amtszeit 1979
als erster Papst Auschwitz besuchte und 1986 zum ersten
Mal in der Geschichte der Päpste der römischen
Synagoge einen Besuch abstattete. Die von der Päpstlichen
Bibelkommission am 24. Mai 2001 herausgegebenen
Erklärung Das jüdische Volk und seine Heilige
Schrift in der christlichen Bibel hebt er als bedeutendstes
Dokument im katholisch-jüdischen Gespräch hervor.

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Veröffentlicht

2021-01-22

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